Beruf oder Berufung: Was ich werden wollte und schließlich geworden bin

Beruf oder Berufung: Was ich werden wollte und schließlich geworden bin

Eine starke Seite von mir ist, dass ich schon als Kind und als Jugendliche ganz allein Entscheidungen für mich getroffen habe, die mein Leben prägen sollten. Auch gegen alle gut gemeinten Ratschläge setzte ich unbeirrt meine Vorstellungen durch. Klar, manchmal holte ich mir eine „blutige Nase“, dafür war ich um so manche eine Erfahrung reicher geworden. Auch heute ist es ganz oft so, dass ich die Dinge wirklich erfahren und spüren muss. Auch hatte und habe ich kein Thema damit, meinen gestrigen Standpunkt morgen zu ändern.

Des Weiteren gehe ich den Dingen auf den Grund. Alles rund um die Erde und die Natur war und ist immer noch eine große Leidenschaft von mir. Und ich interessiere mich für die Menschen, woher sie kommen, was sie bewegt und was für Ziele sie im Leben noch haben.

Sobald etwas meinen Wissensdurst weckt, fällt mir das Lernen leicht. Obwohl ich gerne zur Schule gegangen bin, konnten viele Lehrer und Lehrerinnen mein Interesse an ihrem Fach nicht bei mir wecken. Erst in der Oberstufe wurde das erheblich besser.

Hier verrate ich dir meinen beruflichen Werdegang. Ein Teil dieses Weges ist sehr gradlinig und baut aufeinander auf. Ein anderer Teil ist wie ein großes Puzzlestück und ich denke, es fehlen immer noch einige Teile.

Meine beruflichen Wünsche als Kind und Jugendliche

Die erste Frau auf dem Mond

Zwischen 1969 und 1972 landeten insgesamt sechs Apollo Missionen auf dem Mond. Ich war da noch ein Kind und völlig begeistert von diesen Ereignissen. Die kurzen Sendungen im damaligen Schwarz-Weiß-Fernsehen zogen mich in den Bann. Mein Entschluss stand fest: ich werde die erste Frau auf dem Mond sein. Das könnte ich tatsächlich auch noch werden, denn bisher war noch keine Frau dort. Der Weltraum zieht mich auch heute noch in den Bann. In sternenklaren Nächten kann ich stundenlang den Himmel beobachten. Wie klein und unbedeutend wird dann alles um mich herum. Das Wissen und die Vorstellung, dass das, was wir sehen unendlich weit weg ist und auch schon nicht mehr existiert, dass wir nur noch das ausgesendete Licht vergangener Welten sehen können, ist einfach unvorstellbar und dennoch faszinierend. Ob es dort in den weiten des Weltraums anderes Leben gibt?

Chemie – ich sehe die Moleküle tanzen

In der neunten Klasse hatte dann zum ersten Mal Chemieunterricht. Da wusste ich sofort, dass ich unbedingt in der Oberstufe in den Chemieleistungskurs wollte. Obwohl ich auf einem humanistischen Mädchengymnasium war, kam ein Leistungskurs in Chemie zusammen. Und Bio als Leistungskurs nahm ich gleich dazu. Wie hatten wunderbar engagierte Lehrer und Lehrerinnen in den Fächern und konnten auch richtige Versuche machen. Chemie ist wie Kochen, man nimmt zwei/drei Zutaten, mischt sie in bestimmten Verhältnissen zueinander – und peng! – entsteht etwas Neues. Vielleicht sollte ich etwas mit Chemie machen oder studieren?

Geowissenschaften

Auch diese interdisziplinäre Wissenschaft ließ mein Herz höher schlagen und wurde nach dem Abi in Erwägung gezogen. Das Wissen um die Entstehung der Erde, des Klimas, der Vulkane usw. interessiert mich heute auch noch und irgendwie passen eigentlich alle drei Wünsche zusammen und ergänzen sich.

Ich bin Jahrgang 62, ein Mädchen und stamme aus einem durch den Krieg und die Nachkriegszeiten geprägten Elternhaus. Für meine Eltern waren meine Wünsche und Vorstellungen wohl eher Hirngespinste. „Mache doch eine Ausbildung bei der Post, beim Finanzamt oder bei der Bank“ meinte meine Mutter damals, „Das ist sicher und krisenfest.“ Doch das wollte ich unter gar keinen Umständen. Allerdings waren Frauen in der Chemie und den Geowissenschaften damals in der absoluten Minderheit, eine Promotion in beiden Naturwissenschaften unumgänglich, mit einer Familie und Kindern nur schwer vorstellbar.

Der „Ernst“ des Lebens beginnt

Ausbildung zur Pharmazeutisch technische Assistentin

Meine Mutter entdeckte eine Anzeige in der Tageszeitung, eine Apotheke suchte ein Lehrmädchen zur Ausbildung als Apothekenhelferin, heute heißt es Pharmazeutisch kaufmännische Angestellte. Um des lieben Friedens willen, schrieb ich eine Bewerbung und bekam den Job. Schnell merkte ich, dass es das nicht ist, was ich werden wollte. Eine Kollegin gab mir dann den entscheidenden Tipp. Zwei Tage nach Schulbeginn nach den Sommerferien fuhr ich mit all meinen Unterlagen zur nächsten PTA Schule, stellte mich vor und fragte, ob ich einen Platz bekommen könnte, da ja gewiss schon einige Schülerinnen (zu dieser Zeit waren nur Frauen in der Ausbildung) abgesprungen seien. Ich bekam einen Platz und freute mich riesig. Mein Chef war etwas weniger begeistert, verlor er doch seine Auszubildende. er war dennoch sehr fair zu mir. Ich konnte Samstags und in den Ferien in seiner Apotheke arbeiten und auch mein abschließendes Praktikum dort machen.

Zwei Jahre ging ich dort zur Schule. Die Hauptfächer waren Chemie, Biologie und pharmazeutische Technologie. Ich war in meinem Element. da ich ja schon den Apothekenalltag von meinem Ferienjob kannte, wusste ich, was mich nach der Ausbildung erwartet. Schnell bekam ich eine Festanstellung als PTA. Am meisten hat mir zu dieser Zeit die Zubereitung von Salben, Cremes, Tinkturen, Kapseln und Zäpfchen gemacht.

Studium der Pharmazie

Ich war jung, Mitte zwanzig und wollte mehr. Irgendwann trennte ich mich von meinem damaligen Freund und zog aus der gemeinsamen Wohnung in ein Mini-Apartment. Ich war plötzlich frei und ungebunden und könnte ja eigentlich noch studieren. Also die Bewerbungsunterlagen der Zentralstelle für Vergabe von Studienplätzen besorgen und mich bewerben. Damals bekam man noch über die Wartezeit auch ohne Numerus Klausus einen Studienplatz. Wieder hatte ich Glück und durfte zum Sommersemester 87 in Düsseldorf in Pharmazie starten. Eine unglaublich schöne und intensive Zeit begang, ich habe das Studium wirklich genossen. Heute weißlich zwar nicht, wie ich all das Wissen gelernt habe. Ich weiß aber, wenn etwas einen wirklich interessiert, dann ist es alle Mühe wert. Nach 5 Jahren war ich dann Apothekerin.

Eine Anstellung als Apothekerin zu bekommen war damals und ist heute kein Problem. Auch mit Familie ist diese Arbeit gut zu vereinbaren. Stundenweise, Teilzeit oder Vollzeit – alles ist möglich. Schon kurz nachdem unsere Tochter geboren war, ging ich Freitag Nachmittag und Samstag arbeiten, da mein Mann dann zu Hause war. Meine Arbeitszeit passte ich über die Jahre ganz flexibel dem Familienleben an. Für die Laborarbeit und das Anfertigen der Salben und Tinkturen bin ich nicht mehr zuständig. Meine Hauptarbeit liegt in der Beratung von unseren Kundinnen und Kunden.

Weiterbildungen

Da ich weder an Zufälle noch Bestimmung glaube, sondern eher daran, dass ich selbst irgendwann einmal – meist unwissend – die Ursache für spätere Handlungen und Ereignisse gelegt habe, lande ich aufgrund von akutem Rücken in einem Yogakurs. Ich bin begeistert von den Übungen und von dem, was alles dahintersteckt. Irgendwann meldete sich meine Yogalehrerin krank und ich bot spontan an, die Gruppe bis zu ihrer Rückkehr weiterzuleiten. Ein Sprung ins kalte Wasser für mich. Die Lehrerin kam nicht wieder. Ich machte derweil selber eine Ausbildung zur Yogalehrerin und unterrichtete über 13 Jahre lang verschienden Gruppen. Folgen sollten noch eine Menge weitere Aus- und Weiterbildungen. In meiner Vita kannst du alles darüber erfahren.

Alles fügt sich zusammen

Meine Ausbildung, mein Studium und meine Weiterbildungen fügen sich für mich wie ein Puzzle zusammen, wobei sicherlich noch einige Stückchen fehlen. Ich habe ein grundlegendes Verständnis von Ursache und Wirkung, von dem, was die Welt zusammenhält und wie jeder Einzelne seine oder ihre Aufgabe darin finden kann.

Leben heißt, ein Leben lang lernen. Es bedeutet Fortschritt, Veränderung, etwas Neues wagen, offen und neugierig sein oder bleiben. So bin ich. Ich liebe das Leben, die Menschen sowie alle anderen fühlenden Wesen. Von den Gruppenkursen habe ich mich inzwischen verabschiedet. Für mich steht die Einzelberatung im Vordergrund. Ich bin eine pragmatische Praktikerin. Alles, was ich anbiete, darf und soll auf ganz praktische und einfache Weise umgesetzt werden. Hilfe zur Selbsthilfe ist eine meiner wichtigsten Säulen in der Beratung. Gerne gebe ich mein Wissen und meine Erfahrung weiter. Es ist eine große Freude und Ehre für mich zu erleben, wenn meine Klientinnen und Klienten wieder selbst in die Kraft kommen, ihre eigenen Möglichkeiten erkennen und umsetzen. Das erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit.

Nun weißt du, wie es dazu gekommen ist, dass ich beruflich das geworden bin, was ich heute liebe und anbiete. Das Leben lehrt mich weiter, jeden Tag ein bisschen mehr – und wer weiß schon, wofür all das gut ist.

Herzliche Grüße, Birgit

7 Kommentare
  • Gabi Kremeskötter
    Posted at 15:28h, 19 Juni Antworten

    Liebe Birgit,
    im Rückblick zu erkennen, dass alle kleinen Schritte auf das große Ergebnis hinzielten – ohne dies damals so gedacht zu haben – ist ein besonderer Moment, oder?
    Ich freue mich, dass du alle deine erlernten und studierten Skills heute so bedeutsam vereinen kannst!
    Alles richtig gemacht, würde ich sagen 🙂
    Weiterhin viel Erfolg und vor allem Erfüllung in deinem Tun.
    Herzlichst
    Gabi

  • Marianna Sajaz
    Posted at 09:43h, 17 Juni Antworten

    Liebe Susanne,

    was für ein interessanter Werdegang, ich bin sehr gespannt, welche Puzzlestücke dein Leben noch dazufügt;). Großartig, dass du als klassische Apothekerin auch noch den ganzheitlichen Ansatz verfolgst, ich wünschte mir das für alle Mediziner.

    Lustig, du hast mich daran erinnert, dass ich mich kurzzeitig auch für Chemie und Pharmazie interessiert habe. Mein Onkel war Dozent an der Agraruniversität in Kyiv und besorgte mir über seine Beziehungen einen Chemiebaukasten, so was konnte man damals in der Sowjetunion nicht einfach kaufen. Mein Interesse war nicht stark genug, um es zu studieren, aber bis heute fasziniert mich das, was die Welt im Innersten zusammenhält und wie die ganzen Prozesse überall in der Natur ablaufen.

  • Birgit Oppermann
    Posted at 12:27h, 16 Juni Antworten

    Liebe Birgit,

    du beschreibst schon in der Einleitung deines Textes wahnsinnig starke Eigenschaften: für sich selbst einstehen, Dingen auf den Grund gehen wollen, eigene Erfahrungen machen. Den Wunsch, die erste Frau auf dem Mond zu sein, finde ich zauberhaft! Und es ist sehr spannend, wie sich am Ende dann alles zu einem Beruf fügt, der genau zu dir passt. Vielen Dank für diesen inspirierenden Artikel! 

    Viele Grüße
    Birgit

  • Marianne Kewitsch
    Posted at 10:57h, 14 Juni Antworten

    Liebe Birgit, so schön wie du schreibst, du liebst das Leben, die Menschen und alle fühlenden Wesen! Das ist eine wundervolle Basis für dein Wirken! Ist doch faszinierend, dass uns manchmal scheinbare Blockaden die Wege in ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Ich liebe übrigens auch mein tägliches Yoga, als Ausrichtung für einen elastischen Tag in allen Bereichen. Deine Vorliebe für Pragmatismus teile ich ebenfalls. Die Dinge dürfen einfach von der Hand gehen. Du bist deinen Weg gegangen, dir treu geblieben und hast dich vom Leben führen lassen. Ganz viel Freude auf deinen weiteren, spannenden Wegen.
    Marianne

  • Sylvia Tornau
    Posted at 02:10h, 10 Juni Antworten

    Liebe Birgit, was für ein Berufswunsch: die erste Frau auf dem Mond. Von dort zu den Geowissenschaften ist es ja nicht weit, also eher Naheliegend, dass dies dein zweiter Wunsch war. Deine Berufsbiografie liest sich, als wärest du schon in jungen Jahren für das eingetreten, was du wolltest und bist deinen Interessen gefolgt. Du bezeichnest dich als pragmatische Praktikerin, das spricht mich sehr an und wird auch in deinen Blogbeiträgen sichtbar. Ich bin gespannt, wie es bei dir weitergeht. Liebe Grüße Sylvia

  • Susanne Wagner Atemtherapie
    Posted at 18:38h, 08 Juni Antworten

    Liebe Birgit

    «Alles fügt sich zusammen»: Deinen Berufs- und Berufungsweg habe ich gelesen wie einen Krimi mit vielen Cliffhangern. Wow, dass du die erste Frau auf dem Mond sein wolltest und es immer noch möglich werden könnte – das beeindruckt mich.

    Mir geht es auch so, dass ich mich frage, wie ich in meinen 20igern so viel aufs Mal in den Kopf stopfen konnte. Heute ist er zwar noch wichtig, darf aber gerne im Gleichgewicht mit dem Körper und der Seele mein Leben prägen.

    Ich glaube auch an ein lebenslanges Lernen. Sowieso, weil mensch sich ja entwickeln will. Solange ich atme, lerne ich – das ist mein Credo.

    Bin gespannt, wie es auf deinem Lebensweg weitergeht und ob ich dich dann mal auf dem Mond sehen werde.

    Gruss
    Susanne

    • Birgit Buchmayer
      Posted at 19:41h, 08 Juni Antworten

      Liebe Susanne,
      ich danke dir. Und das mit dem Mond… schaun wir mal… 😉.
      Ganz liebe Grüße, Birgit

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